Brandenburg spielt „Auf sich gestellt“ im RBZ
Dieses Stück nimmt sich vor, mit „Der Herr der Fliegen“ eine ganze Romanhandlung in 60 Minuten unterzubringen. Leider nimmt daher der Text etwas viel Raum ein. Um das zu verdeutlichen, hier eine Nacherzählung der Handlung, die vermittelt wurde:
Eine der Spielerinnen tritt hervor und spricht einen unheilsverkündenden Text. Es ist die Art, wie Sie ihn spricht – gewissenslos. Zwei andere Spielerinnen fangen an sich kennenzulernen. Jack kommt ins Spiel. Die ganze Bühne einnehmend, wirkt er wie von Gewalt geprägt. Die Nahrungssuche ist für ihn ein Spiel, denn Töten ist ihm ein Leichtes. Seine ganze Körperhaltung ist angespannt. Ein starker Kontrast zu Piggy, der eher ängstlich, jedoch klug wirkt und klar zu denken scheint. Bereits am Anfang wird er von den anderen ausgelacht und sitzt immer etwas außerhalb der Kinder. Er übertrifft jeden einzelnen weit an Intelligenz, wird aber nicht für voll genommen. Selten darf er ausreden. Bereits zu diesem Zeitpunkt kristallisieren sich die Charaktere von Piggy, Jack und Ray klar heraus. Meinungsverschiedenheiten sind vorprogrammiert. Es kommt zur Parteienbildung. Sofort. Jagen oder für eine Unterkunft sorgen? Gemischter Gefühle versuchen sie sich richtig zu verhalten. Aber was ist richtig? Im Zweifel folgen sie lieber dem Stärkeren, schließlich wollen sie überleben. Dem gewählten Anführer Ray geht es um Struktur und Rettung. Einige haben Angst vor einem Monster im Wald, was aber nicht auf offene Ohren trifft. Die Kinder simulieren eine Schweinejagd mit Piggy als Schwein. Sie umzingen ihn. Die Kinder verwildern. Die Gruppe der Jäger wächst und wächst. Die Aggressivität wird durch das Klopfen mit Speeren auf den Boden verstärkt. Haltlos. Mit Blut im Gesicht. Stück für Stück vergessen sie ihre Menschlichkeit, es ist erschreckend, wie schnell sie sich Jack anschließen. Angst wird zu Hass, alle lassen sich mitreißen. Es gewittert und wird dunkel. Ein Junge ist tot. Einige ekeln sich vor sich selbst und drehen sich weg vom Publikum. Sie gehen in den Zuschauerraum, sagen uns, wir sollen es ja keinem sagen. Es bleibe ein Geheimnis. „Und nun, geht!“
Das war ziemlich viel und irgendetwas fehlt bei dieser Inszenierung. Vielleicht sind es zu wenige Schauspieler, um die Entwicklung in der Gruppe auszudrücken. Mehr stilistische Mittel und darstellende Bilder würden die Geschehnisse abwechslungsreicher und einprägsamer verdeutlichen sowie den Spannungsbogen heben. So will keine wirkliche Steigerung aufkommen und die langen Dialoge wirken etwas schleppend. Die schauspielerische Leistung hat streckenweise beeindruckt, die sonstige Darstellung jedoch kommt zu knapp. Die Handlung bleibt stark, sie hat den Literaturnobelpreis bekommen. Über gelungene schauspielerische Nacherzählung kommt diese Inszenierung nicht hinaus.