Flucht nach Vorne

Bremen spielt „Heimat“ im Schauspielhaus

Verschiedene Menschen und doch dieselbe Erfahrung. Eine Kombination aus Jeans und weißem T-Shirt. Als Blog-Redakteure dürfen wir als erstes den Saal betreten. Hier finden die letzten Aufwärmübungen, das Abchecken der Technik und gemeinsamer „Motivationsaufbau“ statt.

Das Publikum betritt gespannt den Saal. Ein Klavierspieler und ein Standbild: ein Mädchen und Junge sitzen jeweils an einer alten Schreibmaschine. Das Mädchen beginnt mit der Schreibmaschine einen Text zu schreiben, der mit trauriger, emotionaler Klaviermusik begleitet wird. Für die Zuschauer ist der Text auf einer Leinwand zu sehen. Man erfährt, dass es sich beim Thema des Textes um das Verlassen der eigenen Heimat handelt. Heimat – jeder kennt diesen Begriff, trotzdem gehen die Definitionen in verschiedene Richtungen. In diesem Stück erzählt eine Gruppe Jugendlicher, wie sie ihre Heimat verlassen müssen. Die Zuschauer erfahren durch persönliche Rapeinlagen und Erzählung, wie sie sich anfangs in Deutschland gefühlt haben und wie schwer es ist, seine Heimat und dadurch auch die eigene Kindheit hinter sich zu lassen. Gerade bei der mündlichen Übermittlung konnte man regelrecht spüren, dass alles, was auf der Bühne geschehen ist, auf wahren Erlebnissen beruht. Die Darsteller aus Bremen zeigen, dass sie unter Heimat etwas sehr ähnliches Verstehen, obwohl sie aus unterschiedlichen Ländern kommen. Das Publikum zeigt durch tosenden Zwischenapplaus und mitfühlenden Emotionen, wie gut das Stück ankommt.

Barfuß und freche, selbstsichere Gesten: hier das Symbol sich selbst gefunden zu haben und sich nicht von Rechtsradikalen einschüchtern zu lassen. Nun wird dem Publikum eine Rede des AFD Politikers Gauland eingespielt. Durch die vorher erzählten Erlebnisse der Schauspieler aus der Heimat und von der Aufnahme in Deutschland wird es noch einmal absurder, so eine schreckliche Aussage über Flüchtlinge zu hören.

Als kleiner Makel wirken höchstens die Übergänge zwischen den Szenen ein wenig abrupt, was aber durch das ehrliche und ambitionierte Spiel der Darsteller allemal ausgeglichen wird. Die Darsteller zeigen abschließend ihren Dank für die Hilfe, die sie von ihren Lehrern und Pädagogen bekamen (im Schauspiel, im Tanzen und beim Rappen) mit einer umfassenden Danksagung. Gratulation für dieses berührende, ergreifende Stück „Heimat“.

Vorab-Interview Abdul, Bremen (PDF-Version)